«Es war ein Privileg für mich, ein Unternehmen zu begleiten, welches während 12 Jahren als unabhängiger Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen Markt­führer geblieben ist.»
Urs T. Fischer, Verwaltungsratspräsident

Urs T. Fischer war von 2009 bis 2021 Präsident des Verwaltungsrats der mobilezone Gruppe. Nach seiner Ausbildung zum Dipl.-Ing. ETH war er in diversen Management-Positionen bei IBM Schweiz und der Digital Equipment Corporation tätig. Er leitete als CEO die Sunrise Communications AG und war CEO und Mitglied des Verwaltungsrats der Ascom Gruppe sowie Generaldirektor der Hewlett-Packard (Schweiz) GmbH. Nach 12 Jahren hat er sein Amt als Verwaltungsratspräsident der  mobilezone Gruppe an der Generalversammlung 2021 abgegeben. Zum Abschied haben wir ihm ein paar Fragen gestellt.

 

Urs Fischer, Sie treten nach mehr als einem Jahrzehnt als Verwaltungsratspräsident der mobilezone Gruppe zurück – eine lange Zeit, speziell in einem von neuen und sich verändernden Technologien geprägten Umfeld. 

Im Jahr 2009 war mobilezone ein klassischer Retailer. Wir hatten damals zwei Geschäftszweige. Zum einen das auf den Shops basierende B2C-Geschäft und zum anderen das B2B-Geschäft, welches zu dieser Zeit noch ganz am Anfang stand.  
Wir betrieben damals etwas mehr als 120 Shops in der ganzen Schweiz. Die drei  
grossen Mobilfunkanbieter Swisscom, Orange (heute Salt) und Sunrise zusammen waren mit 220 Shops am Markt vertreten. Heute betreiben die drei grössten Mobilfunkanbieter zusammen gut 300 Shops. Wir konnten unsere schweizweit sehr grosse Shop-Präsenz stabil halten. 
Dann gab es auch äussere Einflüsse, welche uns geprägt haben. Der Markteintritt des iPhone 3 im Juli 2008 hat eine neue Zeitrechnung eingeläutet. Als Apple damit begann, den Mobilfunkmarkt aufzumischen, waren noch Player wie Nokia, HTC, Motorola, LG oder Sony Ericsson auf dem Markt. Der Marktanteil bei den Smartphones lag 2009 bei gerade mal 5 Prozent. Bereits 2014 lag er bei 70 Prozent. Und heute muss man die Mobilgeräte, welche nicht «smart» sind, richtiggehend suchen. 

Wie hat sich mobilezone seit Ihrer Wahl 2009 verändert? 

2009 war mobilezone ein reines Schweizer Unternehmen. Im Laufe der Zeit haben wir nach Deutschland expandiert und sind stark gewachsen. Wir haben uns strategisch in der Telekommunikationsindustrie in der Schweiz und in Deutschland positioniert. Auf diese Weise haben wir auch den Umsatz und die Ertragskraft der Gruppe erheblich gesteigert. 
Aus meiner Sicht ist mobilezone über die Zeit immer professioneller geworden: in den Prozessen, bei der Lancierung von Produkten oder auch IT-technisch, bei der Einführung von neuen Systemen, beispielsweise beim Thema Omnichannel. Und nicht zuletzt auch in den Bereichen Governance und Risk Management. 
Auch sind wir heute in allen unseren Geschäftsbereichen breiter abgestützt – sei es in der Wertschöpfungskette beim Einkauf und Verkauf oder im Re-Use von Geräten und dem damit verbundenen Lebenszyklus eines Smartphones. 
Neben dem physischen Geschäft gewinnt das Online-Geschäft immer mehr an Bedeutung. Dies ist eine Transformation, die nicht von heute auf morgen passiert. Vielmehr ist dies eine Reise, welche vom Management strategisch geplant und begleitet wird.  

Welche persönliche Bilanz ziehen Sie?

Es war ein Privileg für mich, ein Unternehmen zu begleiten, welches während 12 Jahren als unabhängiger Anbieter von Telekommunika­tionsdienstleistungen Marktführer geblieben ist. 
Im Ökosystem der Telekommunikationsbranche haben wir eine Doppelrolle inne: Einerseits sind wir als unabhängiger Anbieter in der Schweiz und Deutschland Marktführer, andererseits sind wir sehr klein, wenn man uns mit den grossen Mobilfunkanbietern oder gar den Herstellern vergleicht. Und trotzdem finden wir immer wieder eine Nische, um uns zu behaupten. Wir sind klein und wendig. Diese Agilität ermöglicht es uns, immer wieder Potenzial für Innovationen zu finden und dieses auch zu nutzen. 
Wir haben das vergangene Geschäftsjahr 2020 besser abgeschlossen als im «Best Case», den wir in der zweiten Hälfte des März während des ersten Lockdowns definiert haben. Und wir haben Mut bewiesen, dass wir am 13. Mai bereits die Guidance für 2020 und 2021 abgegeben haben. Dies wurde uns vonseiten der Investoren hoch angerechnet. Obwohl wir keine zweite Welle eingeplant hatten, haben wir unsere Ziele mehr als erreicht und sind insgesamt sicher durch dieses Krisenjahr gekommen, was mich natürlich sehr freut. 

Was bleibt Ihnen aus Ihrer Amtszeit besonders in Erinnerung?

Was mir besonders bleibt, ist die Debattenkultur auf Stufe Verwaltungsrat und Konzernleitung. Sie war anspruchsvoll, manchmal auch ein Ringen, aber immer faktenbasiert mit entsprechenden Argumenten. Was mir ausserdem bleibt: dass es unserem CEO Markus Bernhard und seinem Team in einer jungen Industrie mit jungen Mitarbeitenden gelingt, eine familiäre Unternehmenskultur zu pflegen und weiterzuentwickeln. 

Ihre Nachfolge tritt mit Olaf Swantee ein Experte der europäischen Telekommunikationsindustrie an. Was wünschen Sie Ihm für das Amt des Verwaltungsratspräsidenten?

Ich kenne Olaf seit 20 Jahren. Wir haben bereits bei der Digital Equipment Corporation zusammengearbeitet. Ich weiss, dass er mit seiner Erfahrung der absolut richtige Mann ist, um diesen Verwaltungsrat zu präsidieren und wünsche ihm nachhaltigen Erfolg. Dieser Erfolg gelingt ihm, wenn er eine mitarbeiter- und kundenzentrierte Geschäftspolitik fördert. Wenn es den Kunden gut geht, geht es den Mitarbeitenden gut, und wenn es den Mitarbeitenden gut geht, geht es auch den Aktionären und letztlich dem Unternehmen gut.  

Was machen Sie mit der neu gewonnenen Zeit?

In erster Linie werde ich mehr Zeit mit meiner Frau verbringen. Sie musste in den letzten Jahren etwas zurückstecken. Zudem werde ich zwei meiner Verwaltungsratspräsidien behalten. Ich führe als Stiftungsratspräsident ehrenamtlich ein Heim für beeinträchtigte Menschen. Dort ist ein Neubau geplant, was Zeit in Anspruch nehmen wird. Und dann möchte ich mir auch Zeit dafür nehmen, meine Neugierde für soziale und politische Zusammenhänge zu stillen. Auf meinem Nachttisch liegen viele Bücher, die ich lesen möchte. Dazu gehören Biografien wie beispielsweise diejenige des Dalai-Lama oder des Chefanklägers der Nürnberger Prozesse.